Freitag, 15. November 2024

In da Scheun (ein Weihnachtslied)




I
Foid gonz socht
koide Procht
stüh bein Mondnschein;
weißes Tuach so fein
deckt de Wies'n ein.
Grod erwocht
's Kindal locht
in da Scheun.



II
Hirtn stumm
schaugn si um;
leicht gonz hö a Stern!
Und vo noh und fern
eil'n sogleich se gern
hin zan Stoi,
wo sie oi
si tan gfrein,



III
dass da Christ
kemman ist,
der die Wöhd befreit
boid vo Sorgn und Leid
und as Herz werd weit,
weu ma woas,
oiss wiad guad
in der Scheun.



C.
Nie mehr Sorgn und Leid
und as Herz werd weit
durt bein Kind
bei da Nocht
in da Scheun.









.nov_2024

nabel

so mitten im nebel
bist du das zentrum deiner welt
erzeuger des knirschens
auf feuchtem kies
der wald nur noch einzelne
bäume am wegrand
dahinter verbirgt sich
alles oder nichts




.okt_2024

Am Weg

Als hockte dort ein schwarzes Tier,
zum Sprung bereit, so schien es mir,
wenn ich mit Oma, Hand in Hand,
mich vor der Wegbiegung befand
auf schmalem Pfad am See entlang,
der feucht durch düstren Wald sich schlang.

Die Kreatur schien schwach zu glimmen,
doch schien die Farbe nicht zu stimmen.
Nicht Sonnenlicht, nicht Kerzenschein,
bloß Geisterhaftes konnt es sein!
Das wusste ich (mit vier) gewiss,
weshalb die Angst mich fast zerriss.

Wär Großmutter nicht da gewesen -
nie wär vorbei ich an dem Wesen
und bis zum Lieblingswirt gelangt!
Ich hätte viel zu sehr gebangt,
dass ich, anstelle selbst zu essen,
gleich würd zu einem Abendfressen.

Es war wohl Großmüttermagie,
die mir zuletzt den Mut verlieh,
dem guten Zuspruch zu vertrauen
und doch einmal genau zu schauen,
was jene Kreatur wohl sei.
Ab da war’s mit der Angst vorbei.

Zumindest fast. Ein leises Gruseln
fühl heut noch ich im Magen wuseln,
denk ich an diese Zeit zurück
und an das düstre Waldwegstück
mit jenem Baumstumpf – morsch und alt
in schauderhafter Tiergestalt.

Bloß Phosphor war’s, der leuchten ließ,
was einstmals Unheil mir verhieß.
Der Stumpf, schon seit Jahrzehnten fort,
erschuf damals den Zauberort,
der heut noch mir vor Augen schwebt
und macht, dass etwas in mir bebt.

Da ist ein Sehnen, ein Erinnern
an viel Zusammenhalt im Innern,
an Omas warme, feste Hand,
daran, wie sie dort mit mir stand,
mir half, die Angst zu überwinden
und meinen eignen Weg zu finden.





.okt_2024

Haustiere

Theo, Kleos Beo, kann das Geräusch von Deo,
wie's aus der Dose - pfssss! - entweicht,
vortrefflich imitieren.
Besonders gerne tut er's dann,
fängt Mann im Bett zu kommen an.
Das kann schon irritieren.


Malte, Walters Falter, ist jetzt in jenem Alter,
wo's in Gelenken knirscht und kracht,
weshalb er kaum noch flattert.
Doch unlängst hat er's doch getan.
Just als ein lautes Mofa kam.
Da war er sehr verdattert.


Amanda, Wandas Panda, zieht fleißig den Expander.
Vom Bambus naschte sie zu viel -
das fand sie zum Genieren.
Sie weiß, sie büßt für den Genuss!
Bloß eines hilft allein: sie muss
die Kilos abtrainieren.


Stine, Trines Biene, sitzt in der Wahlkabine
ganz unscheinbar und gut getarnt
als Fliege an der Wand.
Die Stichwahl war's, die ihr gefiel.
Das Kreuz am Zettel zeigt das Ziel.
Ein Schelm, der dies erfand!








.okt_2024

Vers-iert

Versunken wird das Schiff zum alten Wrack -
Versunken reimen oftmals gern auf "quak".

"Versauf dein Schmerzensgeld nicht!" mahnt der Richter.
"Vers auf!" - so schallt der Ruf rühmlicher Dichter.

"Versage nicht!" (der Delinquent zum Köpfer)
Versage - das Zeitalter der Reimeschöpfer?

Versteig dich nicht zu rasch in Dichtkunsthöhen!
Versteig lässt man am besten lange gehen.

"Versau es nicht!" hat mancher echt leicht reden!
Versau - des Reimeschmiedes Garten Eden?

Verstand gedeiht, wo Leib und Seele ganz.
Verstand verleiht Gedichten hohlen Glanz.

Verschatten hilft sehr gut bei Sonnenlichtverwaltung.
Verschatten heißt, man reimt getippte Unterhaltung.

Verspannen sorgt für Schmerz erschöpfter Waden.
Verspannen lässt man gern in Schreibtischladen.

Verstauchen schmerzt ganz fies, ist es der Zeh.
Verstauchen heißt, der Dichter sucht im See?

Verstrick dich nicht zu sehr beim Silbenzählen!
(Im Notfall kannst du noch den Verstrick wählen)...






.sep_2024

wolkenlos

die schweren wolken möchten gerne fliegen
und ihre hüllen dunklen graus verlieren
als weiße tupfen helles blau verzieren
anstatt als decke tief im land zu liegen

gehalten scheinen sie von regenschnüren
die fest verankert im schon nassen boden
und tief verwurzelt in den rasensoden
die angst nie mehr zu schweben schüren

nichts leichtes will und kann sich so entfalten
wenn tagelang bloß große tropfen fallen
und wolkenfetzen zwischen wipfeln wallen
im dauerrauschen haus und flur erkalten

jedoch sind sie mit wiederkehr gesegnet
vergießen -sammeln -dampfen kondensieren
bestimmt sich in dem kreislauf zu verlieren
und immer wird geschwebt bevor es regnet





.okt_2024

heimkehrer

den hügel bergan
schon die kirchturmspitze sehen

der mais salutiert am straßenrand
steht spalier vor blauem himmel
winkt mir nach

vor der friedhofsmauer
nicken sonnenblumenköpfe
ihr okay
das gelb verblasst

die katze schleicht
durchs stoppelfeld
hat keinen blick
für heimkehrer
wie mich

die herbstsonne wärmt
ein zuhause





.

Schnupfen

Kaum kommt feuchtkalt die Jahreszeit
(Spätherbst genannt), so macht sich breit,
was dazu führt, dass alle schniefen,
sich räuspern, hüsteln, Nasen triefen.

Ein jeder rotzt, schwitzt, niest und krächzt
und steifgelenkig wird geächzt,
gestöhnt, geschnauft, viel Tee getrunken,
ermattet früh ins Bett gesunken,

mit Schüttelfrost fest eingekuschelt,
durch zue Nasen leidgenuschelt.
So mancher greift zur Meersalzspülung,
um Herr zu werden der Verkühlung.

Ein andrer schwört auf Wadenwickel,
Honig im Tee und Pumpernickel.
Dann gibt's da noch die Globuli
(doch Onkel Kurt helfen die nie). 

Besonders Sorgenvolle wollen
Antibiotika sich holen.
Beim Hausarzt lernen sie sodann:
"beim Virus hilft dies nicht. Es kann

mit oder ohne gleich lang dauern."
Ein Umstand, welchen sie bedauern.
Der Mensch von heute - ungeduldig -
bleibt gern dem Körper Ruhe schuldig.

Jedoch die Heilkunst, unbestritten
wirklich schon weitigst fortgeschritten,
bringt es noch immer nicht zustande,
dass keinem mehr wird hierzulande

vom Schnupfen auferlegt Beschränkung.
Dies ist der Menschheit größte Kränkung.