Dienstag, 4. Juni 2024

kinderspiel

unter dem strahlen der sonne
der blick von den zinnen

als hätte das riesenkind
lustvoll täler in den
sand gegraben ihn mit
hohler hand zu sanften
hügelketten geschoben
gehölze und raine an die
richtigen stellen gesetzt
mit den fingern weinberge
ins so erschaffne land
gekämmt und immer wieder
miniaturgehöfte kleine weiler
auch ein zwei kirchtürmchen
verteilt alles begrünt

darüber der ruf des falken
das jauchzen ob der
vollendeten schönheit





.juni_2024

über wien

mit einem wimpernschlag
über dächer steigen
fliegen bis an
die weiten wolkentürme

zwischen den schatten
schraubt es sich
glasklarem himmel zu
werden betonbergketten
zum legosteinmassiv

am horizont schläft sanftes
hügelkuppengrün dann dieses
nasenkitzeln von fernen
zwiebeltürmchen sonnenblitzen
an donaublaugefunkel

der blick schweift über
asphaltsteppe darin
inverse feenkreise
das herz erwärmt sich
mit der luft

und schwebt







.mai_2024 

nach rot

ich pflanz mein lächeln in dein trübes gelb
dein großstadtgrauverwaschnes leuchten
kämpft mit dem wind an häuserecken
flattert im sog des straßenbahngeläuts

gelbphase an der ampel

da weiß keiner so recht
was geht wo's hakt
wer warten sollte
und worauf

ich flechte meine finger in dein grün
unter den staubgebleichten krusten
sind wir noch immer humussatt geerdet
nur eine ampelphase noch ein hupen

die schwelle übertreten

dann weißt du auf einmal
was geht wo's hakt
worauf wir nicht mehr
warten sollten

im prater
blüh'n endlich
die bäume






.mai_2024

fallen

du fällst heut nacht woanders
und ich in kissen
schließlich muss der mensch
mal schlafen mal
träumen an einem tag fallen
so viele in ein leben
und aus einem traum

ich wär in wirklichkeit
viel lieber schlaflos
traumlos tappt man nicht
in die fallen der
unschärfe verwischt sich
nicht der blick
auf ein leeres kissen
morgen schon

fall ich in deine arme






.april_2024 

Hartes Los

Silberrücken Paul ist heute grantig.
Verhasste Konkurrenz schleicht durchs Gebüsch.
Die Miene schaltet von entspannt auf hantig,
schon zuckt sein linkes Lid verräterisch...

Wie können diese Nichtsnutze es wagen,
sich darzustell'n als wär'n sie weißgott wer;
zum Affen machen mit geschwelltem Kragen!
Der Oberaffe ist noch immer er!

Schon stemmt er sich mit Ächzen auf zwei Beine
und trommelt mit den Fäusten auf die Brust.
Respekt und Ruhm gebühren ihm alleine!
Sie teilen?! - Welche Schmach und Machtverlust!

Er brüllt und grollt und peitscht mit Blätterzweigen
durchs Unterholz (und hofft, dass das genügt).
Er weiß: muss er sich gleich als Platzhirsch zeigen,
wird er vom Lieblingsweibchen scharf gerügt.

Da steht er - Grünzeug wedelnd - unentschlossen;
im Innern kämpft Verdruss gegen Vernunft.
Ein Wolkenbruch setzt ein - er wird begossen
und trollt sich wie ein Pudel. Doofe Brunft!





.okt_2018

luftloch

wieder so ein tag
nassnebelgrau
wolkenschleierverhangen

du würdest gerne
etwas bedeutendes tun
die wäsche machen
vielleicht oder aber
löcher in die luft
schneiden sichtbar
nur für dich selbst

möglich dass einer
in eines stolpert
auf seinem weg
oder das nichts
einatmet

wäre spannend
dieser ausdruck
auf seinem gesicht
das ersticken am
unerwarteten

nichts neues
im forum schreibt
irgendein besoffener
wirres zeugs
ein luftlochkandidat
denkst du
und die wäsche

macht sich nicht von allein






.april_2024

gewölle

endlich hatte sie ihn
abgestoßen ausgewürgt
wie gewölle all das knöcherne
scharfkantige und krude

ein ballen wahrhaftigkeit
seiner gefälligen gestalt
beraubt bloß hauch noch
abgestandener heißer luft

sein getöse entlarvt
als windspiel an saiten
fremden erfolgs warum bloß
hatte sie das hohle

nicht eher zu hören
vermocht erst in dem
speiballen zu ihren füßen
greifbar seine implosion

all das unansehnliche
auf nassem asphalt

sie hob nichts davon auf







.april_2024

Walblau

Seit langem schon steht im Regal
aus Holz geschnitzt ein kleiner Wal.
Oft blickt sein linkes Aug mich an -
so sanft wie es nur blicken kann,
(und je nach Staubschicht wirkt sein Blau
an machen Tagen fast wie grau).

Mein Gatte fragt nach seinem Nutzen
(abseits von dem, ihn gut zu putzen)
und meint gelegentlich: "der fängt
den Staub, an dem hier keiner hängt!
Die Reichweite jedoch scheint klein -
ein Wal, der blau macht, muss es sein."

Und drum, so meint er noch, sei klar,
was hier die Fehlanschaffung war.
Das Bücherbord mir zu veredeln,
müsst wegen ihm mehr Staub ich wedeln!
Mein Wal und ich - wir wissen aber:
das ist bloß Gattenwalgelaber!

Schon morgen senkt sich das Vergessen
samt Staub auf Walblau. Aus! Gegessen!






.april_2024

stillgeschwiegen

stillgeschwiegen
der moment
ich sah das zucken
deiner lider musste
blinzeln so im licht
der tiefstehenden sonne
begannen deine konturen
sich aufzulösen über allem
das monotone summen
der fliegen als wäre nichts
als hätte nicht als täte
gar nichts weh






.april_2024

Los geht's!

 
Erste zarte, grüne Spitzen
zwängen sich durch Bodenritzen,
lugen aus verholzten Strünken
und derweil hüpfen die Finken
eifrig flink am Bodengrund,
freu'n sich über manchen Fund
von vom Herbst verstreuten Samen.
Spatzenherrn und Spatzendamen
flattern, zwitschern, fliegen hoch,
landen wieder, sitzen noch
ein klein Weilchen länger hier;
da - ein kleines Nagetier
wühlt sich raschelnd durch das Laub,
aus auf Vogelfutterraub.
Eilt erfolgreich wieder fort
und ich sitz an diesem Ort;
Zeugin all der Emsigkeit.
Freude macht sich in mir breit
über das Naturerwachen,
all die kleinen Frühlingssachen.
Schneeglöckchen - ich könnte schwören -
kann ich leise läuten hören!
Erste Hummeln fliegen, brummen.
An der Weide Bienensummen!
Krokusse verzier'n als Tupfen
bunt die Wiese. Unkrautrupfen
ölt die wintersteifen Knochen.
Hab mich viel zu lang verkrochen!
Doch gleich ist die Sonne weg -
dann wird's kalt im Schatteneck;
treibt mich rasch zurück ins Haus.
Morgen geh ich wieder raus!





.märz_2024

hirnis hinski

dickdu bistomulto wanstki
dreckdu wischdibumsdi swiff
putzni bimski schmutzwo dranski
nimstu ataodaziff

waxta nixta bartonotti
kalkalotti kolofon
isstumiso spriss taflotti
hilfta nimapitra lon

saxtu paxtu nixmizinski
koko lores plumpaquatsch
sinstu finstu hirnis hinski
rinnski blinskimitsch padatsch





.märz_2024

aura

hildegard war überzeugt
dass sie engel sah wenn
im blitzlichtgewitter das
sichtfeld sich verschob
verengte in teile zerfiel
doch das funkeln was für
ein funkeln und gleißen
was für ein flimmern wie
von güldnen aureolen oder
zu viel glanz auf flinken flügeln
wenn wahre engel zu sehen
bedeutete es mit schmerzen
zu bezahlen dann war das
doch ein kleiner preis







.märz_2024



Anm.:
Hildegard von Bingen, weiß man heute, war Migränikerin. Sie hat genaue Aufzeichnungen hinterlassen. Unter anderem auch Zeichnungen von den Visionen, die sie oft in Zusammenhang mit ihren heftigen Kopfschmerzen hatte. Heutige Migräneforscher erkennen in diesen Zeichnungen typische Muster von Migräne-Auren. Hildegard von Bingen sah darin Engel, die ihr erschienen.

ein lied will ich dir schreiben

ein lied will ich dir schreiben
eins das in allem ruht
eins das im herzen bleiben
die sorgen dir vertreiben
und schüren soll die glut

ein lied dich zu berühren
eins das die liebe preist
eins das dich zu mir führen
zum allerliebsten küren
mein wille es geheißt

doch wie nur soll es klingen
wie finden jenen ton
wie wildverwunden singen
sich seiden um dich schlingen
ach wie geläng das schon

hol ich doch bloß mit worten
mit feder auf papier
mit lautgemalten borten
gefühl aus klangretorten
und kann so scheint es mir

mit diesen niemals fassen
was du mir alles bist
kanns nur so stehen lassen
        


            dein wörterkomponist











.valentinstag '24

sinken

und immer öfter sinkst du
in die tage gleitet eins ins
andere hinüber in dem moment
wo du nicht hingesehen hast
noch beschäftigt warst mit
in dich kehren mit hoffen
auf ein ankommen bei dir
selbst im auge des
schneesturms da tränt es
sich leicht da fasst dich
an was zur seite gestellt
lehnt staub ansetzt geduldig
wartet dir auflauert wenn
dein schutzschild zu schwer
wird und du erkennst dass
ihn zu tragen dich schon
zu lang zu tief
hat sinken lassen





.feb_2024

Halblicht

Vom Gartenfenster links zu meiner Seite
kriecht ohne Laut die Dämmerung ins Haus.
Sie weitet sich mit kühlen Farben aus,
als ob sie einen dunklen Teppich breite.

Am Himmel stehen letzte Wolkenfetzen -
sanftrosa noch, doch schon verblasst der Ton
und langsam taucht die Welt ins Monochrom,
als würde sie sich selbst mit grau benetzen.

Die Augen brauchen länger, um zu fassen,
was sich in Halblichts Düsternis verbirgt;
ich spür, wie meines Schauens Trägheit wirkt
und kann mich in den Abend fallen lassen.

So gleit ich aus dem Licht zur Nacht hinüber
und dunkle mit dem Himmel Richtung schwarz.
Was wichtig war vom Tag; mein Herz bewahrt's.
Komm, sternbestickte Decke, senk dich nieder!





.feb_2024

herbstlicht über hinterbrühl

auf der a21 vorbei an hinterbrühl
es ging bergauf und der motor war laut
der letzte ausflug ohne das große
stumme monster zwischen dir und mir
ich sag jetzt nicht "das c-word" * denn
du würdest ohnehin meine aussprache
korrigieren wärst du noch hier doch
damals war da eine nähe (kann man mit
grad mal sechzig schon von altersmilde
sprechen?) ich glaub es war das licht
des herbstes so kristallklar so rein
dass nichts zwischen uns kommen konnte
kein raum war für ein nicht-verstehen
der wagen glitt von der hügelkuppe
ins nächste tal alles lief wie geschmiert
mayerling ("der arme kronprinz - welch ein
schicksal") gehörte uns an diesem tag
nie mehr davor oder danach waren wir so
innig so deutlich als mutter und tocher
in diesem unglaublichen herbstlicht
konturen nie wieder so gestochen scharf
noch heute kann ich an herbstlichttagen
wie diesem deinen umriss sehen so
sanft und leuchtend wie an diesem
einen tag





.jan_2024





*mit C-Word ist Cancer gemeint (nach der gleichnamigen TV-Serie)

harz an deiner rinde

bin das harz an deiner rinde
winde mich durch feinste ritzen
halte mich an festen spalten
gleite über kleinste spitzen
banne fließend im erkalten
gold aus glücksmomenten sprießend
im verkapseln mich vergießend
zeit verdichtend im gestalten
bette mich in deine falten
weil an dir ich ruhe finde




.jan_2024

zwischenräume

manchmal nachts in diesen
winzigen räumen der zeit
zwischen träumen und erwachen
rieche ich dein honigwarmes
haar höre ich dich atmen
aus ein aus
möchte ich mich noch ein
letztes mal an deine schultern
schmiegen in uns kriechen
als noch nicht gebornes kind
noch ein ganzes leben haben
nicht im dämmern jedes neuen
morgens deine kuhle in den
kissen suchen dich vermissen





.jan_2024